Forderungen

Das Klimacamp Karlsruhe fordert Klimagerechtigkeit und damit einhergehend radikale Veränderungen in Wirtschaft, Energie, Infrastruktur und Gesellschaft. Mit unserer Lebensweise im globalen Norden sind wir Hauptverursacher*innen der Klimakrise. Wir sehen uns deshalb in der Verantwortung, die planetaren Grenzen einzuhalten, denn wir und künftige Generationen weltweit haben einen Anspruch auf eine Zukunft.
Klimagerechtigkeit geht aber über Klimaschutz hinaus. Die gesamte Gesellschaft muss mit einbezogen werden!
Gerade, wenn es um Fragen der Gerechtigkeit geht, sehen wir nicht nur die klimapolitischen Entscheidungen der Politik als ein Problem, sondern auch das System, in dem diese getroffen werden. Das aktuelle System ist nicht repräsentativ und nicht gemeinwohlorientiert.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil festgestellt: Der Gesetzgeber hat die Verantwortung zur Umsetzung ausreichender Maßnahmen zur CO2-Minderung im Gesetz vernachlässigt. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz, zur Wiederherstellung unserer Grundrechte und den Schutz der Freiheitsrechte jüngerer Generationen umzusetzten. Damit hat das Bundesverfassungsgericht verfassungsrechtlich festgelegt, "den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur [...] auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C" zu begrenzen [Pressemitteilung BVerfG].

Die Stadt Karlsruhe hat ein Klimaschutzkonzept. Die darin angegebenen Ziele sind jedoch bei weitem nicht ausreichend, um die 1,5°C Grenze einzuhalten. Daher besetzen wir den Schlossplatz und stellen folgende Forderungen:

1.    Die Stadt soll sich ein CO2-Budget setzen, das mit dem 1,5 Grad-Ziel vereinbar ist, und dieses auch einhalten.

Das Klimaschutzkonzept der Stadt Karlsruhe sieht momentan Klimaneutralität bis 2050 vor. In diesem Plan wird aber weit mehr CO2 emittiert, als der Anteil des globalen CO2-Budgets für die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels, der der Stadt eigentlich aufgrund ihrer Einwohner*innenzahl nur zusteht. Wir fordern deshalb Stadt dazu auf, sich ein CO2-Budget zu setzen, das dem Klimaschutzabkommen von Paris gerecht wird, und dieses auch einzuhalten. Das würde bei linearer Emissionsreduktion Klimaneutralität bis spätestens 2030 bedeuten.

Konkrete Maßnahmen:

    
Ausbesserung und Vollfinanzierung des Klimaschutzkonzepts
 
Die Stadt Karlsruhe hat ein Klimaschutzkonzept, das 2020 vom Gemeinderat verabschiedet wurde, jedoch nicht voll ausfinanziert wurde. Das Klimaschutzkonzept sieht vor, bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden. Dabei wird jedoch mehr CO2 ausgestoßen als es nach einem gerechten CO2-Budget der Fall sein sollte. In einem Szenario, das annähernd 1,5 Grad-konform ist, müsste die Stadt spätestens 2030 klimaneutral sein. Deshalb fordern wir eine Nachbesserung des städtischen Klimaschutzkonzepts und dessen Vollfinanzierung.
 
Energie- und Wärmewende
 
Ein großer Teil der städtischen CO2-Emissionen sind energiebedingte Emissionen. Karlsruhe könnte durch die Ausnutzung aller geeigneten Dachflächen etwa 50% des Strombedarfs mit Photovoltaik und damit CO2-neutral decken. Momentan sind es jedoch nur 1,5%. Die Stadtwerke erzeugen noch immer knapp 54% ihres Stroms durch fossile Quellen. Zudem betreibt die EnBW im Rheinhafen weiterhin zwei Kohlekraftwerke. Die Stadt sagt zwar, sie könne die Abschaltung der Kohleblöcke nicht beschleunigen, da die EnBW nun mal im Besitz des Landes ist, aber gleichzeitig beziehen die Stadtwerke den Großteil der Wärme für das Karlsruher Fernwärmenetz aus dem Rheinhafendampfkraftwerk (RDK) und der MIRO, einer Erdölraffinerie. Dadurch werden diese fossilen Quellen quasi subventioniert und ihre Rentabilität und Laufzeit aktiv verlängert. Ein konsequenter Schritt, wäre es, die Verträge mit dem RDK und der MIRO zum nächstmöglichen Zeitpunkt nicht mehr zu verlängern und nach Alternativen zu suchen. Gleichzeitig sollten die Stadtwerke auf 100% Ökostrom umstellen.

2.    Die Umgestaltung des öffentlichen Raums hin zu einer lebenswerten und klimafreundlichen Stadt

Unter einer lebenswerten Stadt stellen wir uns eine Gestaltung des öffentlichen Raums für die Menschen, die hier leben vor. Dazu gehört für uns eine weitgehend autofreie Innenstadt, um Flächengerechtigkeit herzustellen und Platz für neue soziokulturelle Treffpunkte zu schaffen. Außerdem fordern wir eine kostenfreie Nutzung des ÖPNV sowie Flächenentsiegelung statt weiterer -versiegelung. Wir wollen außerdem deutlich mehr Stadtbegrünung an öffentlichen Orten.

Konkrete Maßnahmen:

    
Mehr Stadtbegrünung und Flächenentsiegelung
 
Die Gestaltung des öffentlichen Raums spielt eine große Rolle beim Klimaschutz und auch beim Thema Resilienz. Hitzewellen und Trockenperioden werden in Zukunft noch öfter auf uns zukommen. Um dennoch ein einigermaßen kühles Stadtklima zu erreichen, müssen die Stadt und ihre Gebäude mehr begrünt werden. Zusätzlich müssen zugeteerte und -betonierte Flächen entsiegelt werden. Der Karlsruher Marktplatz ist das beste Beispiel für eine unzureichende Berücksichtigung von Grünanlagen in der Stadtplanung.
 
Mobilitätswende und Flächengerechtigkeit
 
Momentan wird die städtische Infrastruktur hauptsächlich für Autos geplant. Diese verbrauchen immens viel Fläche, während sie 95% der Zeit nur rumstehen. Zudem sorgen sie neben einer starken Lärmbelastung durch Reifenabrieb und Schadstoffausstoß für feinstaubbelastete Luft. Wir fordern Flächengerechtigkeit und eine Priorisierung klima- und umweltfreundlicher Mobilitätsweisen in der Stadtplanung. Dazu gehören der Fußverkehr, der Radverkehr sowie der öffentliche Nahverkehr. Durch eine autofreie Innenstadt kann die momentan durch herumstehende Autos belegte Fläche den Bürger*innen der Stadt zurückgegeben werden. Neue Grünanlagen sowie soziale und kulturelle Treffpunkte können entstehen. Um die Mobilitätswende auch sozial gerecht zu gestalten, müssen sich alle Bürger*innen die regelmäßige Fahrt mit dem ÖPNV leisten können, während sie auch zuverlässig und schnell überall hinkommen. Wir fordern eine drastische Vergünstigung der Ticketpreise bis hin zu einer kostenfreien Nutzung des ÖPNV, damit mehr Menschen dazu angeregt werden, diesen zu nutzen. Der KVV sendet durch die Ticketpreiserhöhung zum 01.08.2021 ein Signal in die gegensätzliche Richtung. Der ÖPNV wird teurer und damit automatisch unattraktiver.
 
Hier gibt es noch viele weitere Punkte, die die Stadt besser machen kann und muss. Wir sind immer offen für neue Anregungen und Ideen.

3.    Die Veränderung muss transparent, sozial gerecht und unter Bürgerbeteiligung      stattfinden.

Da die Politik in Sachen Klimaschutz bisher weitgehend versagt hat, wollen wir neue Wege gehen, um politische und gesellschaftliche Entscheidungsprozesse gerechter, repräsentativer und mehr am Gemeinwohl orientiert zu gestalten. Deshalb haben wir vor einen Bürger*innenrat in Karlsruhe zu initiieren, um nach dem Vorbild des bundesweiten ‘Bürgerrat Klima’ aus der Gesellschaft heraus die notwendigen Maßnahmen zur Einhaltung eines gerechten CO2-Budgets in Karlsruhe zu erarbeiten. Den Gemeinderat fordern wir dazu auf, dieses Anliegen zu unterstützen und die maßnahmen am Ende umzusetzen.

Ausführliche Version:

    
Bürger*innenrat Klima
 
Klimapolitische Entscheidungen wurden in der Vergangenheit immer wieder aufgeschoben oder aufgrund der Interessen mächtiger Lobbyverbände abgeschwächt. Das passiert sowohl auf Bundesebene als auch auf kommunaler Ebene und es ist einer der Gründe dafür, warum wir jetzt so drastische Maßnahmen und Veränderungen fordern müssen, um das Klimaabkommen von Paris einhalten zu können. 
 
Es zeichnet sich zudem das Bild ab, dass die bestehenden Instrumente der Demokratie zur Bewältigung der Klimakrise nicht ausreichen und Parlamente viele Bevölkerungsgruppen wie FLINTA*(vom Patriarchat unterdrückte Menschen), von Rassismus betroffene Menschen, Menschen mit Behinderung und Kinder nicht ausreichend oder gar nicht repräsentieren. 
Die Bekämpfung der Klimakrise erfordert schnelles politisches Handeln aber auch tiefgreifende Veränderungen, welche zwingend von der Gesellschaft getragen werden müssen. Um die Zusammenarbeit und den Dialog zwischen Politik und Gesellschaft zu fördern, wollen wir einen Bürger*innenrat zum Thema Klimaschutz in Karlsruhe initiieren.
 
Darunter versteht man eine Versammlung zufällig ausgeloster Bürger*innen, die in ihrer Zusammensetzung ein möglichst gutes Abbild der Bevölkerung darstellen sollen. Deshalb werden bei der Auslosung Kriterien wie Geschlecht, Alter, Bildung, Wohnort und Migrationshintergrund berücksichtigt. Grundlage der Zufallsauswahl bilden das Einwohnermelderegister der Stadt.
 
Dieses Gremium erarbeitet dann in Begleitung von Wissenschaftler*innen und Expert*innen Konzepte und Maßnahmen dazu, wie die Ziele für ein klimaneutrales Karlsruhe konkret umgesetzt werden sollen. Diese werden am Ende der Politik vorgelegt. Vergangene Bürger*innenräte wie zum Beispiel der jüngst bundesweit durchgeführte “Bürgerrat Klima” haben gezeigt, dass die Teilnehmenden durch die spürbare Verantwortung, ihre Entscheidungen stark am Gemeinwohl orientiert haben. Auch wurde deutlich, dass es gesellschaftlich tragbar ist, radikale Wege zu gehen!
 
Wir fordern die Stadt Karlsruhe dazu auf, unser Vorhaben aktiv zu unterstützen, und die Ergebnisse eines solchen Rats ernst zu nehmen und umzusetzen.